Über die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Film- und Fernsehproduktion sprachen drei Branchenvertreter*innen bei der Online-Ausgabe des 10. Film- und Kinokongress NRW. Raimond Goebel (Pandora Film) und Stefan Oelze (Rosebank), beide Vorstandsmitglieder des Film- und Medienverbands NRW, ließen im Gespräch zunächst noch einmal Revue passieren, wie auf den Beginn der Pandemie reagiert wurde. Diese habe alle Marktteilnehmer im März kalt erwischt, so Goebel. Man könne allerdings stolz und dankbar sein, dass im Zusammenspiel mit Politik und Förderern in kurzer Zeit viele Herausforderungen gemeistert worden seien, betonte Oelze. Die Auswirkungen der Krise würden die Branche aber noch über Jahre beschäftigen. Im Bereich des Kinofilms sei das Zuschauerverhalten ein wichtiges Thema, betonte Goebel. Angesichts der Schließung der Filmtheater habe das Publikum schnell auf die zu Hause verfügbaren Ausstrahlungsformen umgeschwenkt. Es sei nun eine Herausforderung für die gesamte Branche, den Auswertungsmodus für die Zukunft zu definieren. Im Bereich des Fernsehens gelte es laut Oelze, das Problem der Unterkapitalisierung vieler Produktionen in Deutschland zu thematisieren. Etwa 50 Prozent der Produktionsfirmen hierzulande operierten mit einer Umsatzrendite von weniger als fünf Prozent. Auch die Ungewissheit, ob die Erhöhung des Rundfunkbeitrags tatsächlich zustande komme, sei derzeit ein wichtiges Thema. Zudem gehe es immer wieder um die Frage, ob die Risiken zwischen Sendern und Produzent*innen gleicht verteilt sind. Goebel wertete die aktuelle Situation in diesem Zusammenhang als Gelegenheit, um das gesamte Modell der Film- und Fernsehwirtschaft auf den Prüfstand zu stellen.
Im Interview mit Kongressmoderatorin Ute Soldierer berichtete Bettina Brokemper, geschäftsführende Produzentin bei Heimatfilm, über ihre konkreten Erfahrungen mit einer Produktion während der Corona-Krise. Im März hätten die Dreharbeiten zu dem europäischen Roadmovie begonnen, das von Deutschland über die Schweiz nach Italien und Griechenland führen sollte. Aufgrund der starken Ausbreitung des Virus in Italien habe die Produktion zunächst abgebrochen werden müssen und sei erst zu einem späteren Zeitpunkt fortgeführt worden. Die frühzeitige Zusicherung von Bund und Ländern, einen Ausfallfonds für solche Fälle einzurichten, habe ihr sehr geholfen, berichtete Brokemper. Allerdings wünsche sie sich auch einen übergreifenden europäischen Ausfallfonds. In ihrem Fall sei sie zum Beispiel nicht abgesichert, wenn sie mit deutschen Mitarbeitern in Italien oder Griechenland drehe. Der deutsche Ausfallfonds greife nur für die Drehzeit in Deutschland, so die Produzentin. Hier seien Nachbesserungen wünschenswert. Insgesamt sei die Situation für unabhängige Produzenten schwierig. Der Konzentrationsprozess, der in der Branche eh schon in vollem Gange sei, werde durch Corona wie mit einem Brandbeschleuniger verstärkt.