In Zeiten der Corona-Pandemie herrscht auch bei den Filmverleihern große Unsicherheit. Viele Starts wurden schon mehrfach vorbereitet, mussten aber aufgrund von Kinoschließungen und bundesweit unterschiedlichen Regularien bei der Wiederöffnung immer wieder verschoben werden. Beim 10. Film- und Kinokongress NRW, den die Film- Medienstiftung online ausrichtete, sprach Torsten Frehse, Geschäftsführer des Neue Visionen Filmverleihs und Vorstandsmitglied der AG Verleih – Verband unabhängiger Filmverleiher, über die aktuelle Situation. Von der Strategie der Majors, die nach dem ersten Lockdown die meisten Blockbuster zurückgehalten hätten, habe der Arthouse-Film nur bedingt profitiert, berichtete Frehse im Interview mit Kongressmoderatorin Ute Soldierer. Viele Kinos seien sehr vorsichtig gewesen und hätten die Chance nicht genutzt, in dieser Situation experimentierfreudiger zu programmieren. Nach der Wiederöffnung der Kinos rechne er spätestens ab Mai mit einer schwierigen Entwicklung für die unabhängigen Verleiher, da dann sicherlich der Filmstau bei den Majors abgearbeitet werde, so Frehse. Es sei davon auszugehen, dass im Wochen-Rhythmus ein Blockbuster den nächsten ablösen werde. Der Raum für Filmkunst und unabhängigen Film werde dementsprechend kleiner, da viele Kinos ihre Leinwände für große Titel reservieren würden.
Nach der Pandemie werde sich allerdings die Frage stellen, ob angesichts eines geschwächten Kinos in Zukunft noch so viele Produktionen mit mehreren hundert Millionen Dollar Budget realisiert werden könnten. Noch sei offen, ob digitale Auswertungswege in dieser Hinsicht einen Ausgleich schaffen könne. Möglich sei aber auch, dass die Produktionsbudgets bei den Blockbustern insgesamt geringer würden, was Frehse allerdings nicht unbedingt als negative Entwicklung sähe. „Vielleicht gibt es ja die Möglichkeit einen besseren Film zu machen, ohne dass er gleich 500 Millionen kostet“, gab der Neue Visionen-Geschäftsführer zu bedenken. Fraglich ist für Frehse allerdings auch noch, ob das Kino nach der Krise seinen Status als Kultur-Wirtschaftsort behalten werde, oder ob Corona den Weg „hin zur Musealisierung“ forciert habe. Dies lasse sich aber wohl erst in etwa einem Jahr konkreter einschätzen.