Eigentlich wollte der Verleih Port au Prince am 17. Dezember „Das neue Evangelium“ von Milo Rau in die Kinos bringen. Da die Lichtspielhäuser immer noch geschlossen bleiben, wird der Start nun komplett in die digitale Welt verlagert. Über dieses Thema sprach Port au Prince-Geschäftsführer Jan Krüger bei der Online-Ausgabe des 10. Film- und Kinokongress der Film- und Medienstiftung NRW mit Arne Birkenstock, Geschäftsführer der an „Das neue Evangelium“ beteiligten Kölner Produktionsfirma Fruitmarket und Vorstandsmitglied der Deutschen Filmakademie.
Die digitale Auswertung des semidokumentarischen Bibelfilms von Milo Rau finde mit Unterstützung der Kinos statt, berichtete Krüger. Der Zuschauer wähle beim Kauf des 9,99 Euro teuren Online-Kinotickets über die Webseite dasneueevangelium.de ein Kino aus, welches er am Umsatz beteiligen wolle. Mit einer direkten Video-on-Demand-Auswertung in diesem Umfang habe man bislang noch keine Erfahrungen gemacht, erklärte der Verleiher. Birkenstock gab zu bedenken, dass Flächenstarts von Dokumentarfilmen im Kino oftmals nur geringe Erfolgsaussichten hätten. Es sei überlegenswert, ob hier die direkte digitale Auswertung mit Beteiligung der Kinos auch ein Modell für die Zeit nach Corona sein könne.
Auch Krüger sprach sich grundsätzlich dafür aus, offener gegenüber alternativen Auswertungsformen zu werden. Man dürfe die Digitalisierung nicht verteufeln, sondern müsse ausprobieren, welche Chancen sich daraus ergäben, so der Verleih-Geschäftsführer. Am Ende gehe es um eine sinnvolle Verbindung zwischen analoger und digitaler Welt. Einig waren sich die beiden Gesprächspartner in der Einschätzung, dass die Corona-Krise bereits bekannte Probleme und Herausforderungen für die Branche noch verstärkt habe – nicht zuletzt im Hinblick auf die Frage, wie und wo das Publikum Filme künftig konsumiere. „Diese Themen bleiben uns auch noch erhalten, wenn wir alle durchgeimpft sind“, kommentierte Birkenstock. Es sei wichtig, aus den nun gesammelten Erfahrungen zu lernen. Wünschenswert fände Krüger dabei ein stärkeres Miteinander von Kinos, Verleihern und Produzenten: „Diese drei Gewerke müssen noch viel häufiger an einem Tisch sitzen.“