Als Baby wurde ich auf verschlungenen Pfaden aus der gebirgigen Abgeschiedenheit des pakistanischen „Tribal Belts“ nach Deutschland geschmuggelt.
Ein muslimischer Arzt rettete damals bei meiner Geburt mein Leben.
Noch in Pakistan kam ich in die Obhut einer deutschen Missionsärztin und wir zogen 1970 nach Deutschland. Vier Jahre später – als ich 5 Jahre alt war – schlief meine Mutter nachts am Steuer ein und unser Auto wurde von einem vorbeifahrenden Zug erfasst. Ich wurde aus dem Auto geschleudert. Meine Mutter starb im Krankenhaus. Danach bin ich zu neuen Adoptiveltern gekommen und in Hessen und am Bodensee aufgewachsen.
Nach 38 Jahren begab ich mich das erste Mal auf die Spurensuche nach meinen Eltern – genauer gesagt nach meiner Mutter. Darüber hinaus begriff ich, dass im Kontext der globalen Entwicklungen, bei denen Menschen immer häufiger entwurzelt werden und nach ihrer Identität suchen und angesichts des Konflikts zwischen Islam und westlicher Welt, die Grenzlinie all dieser Konflikte immer genau durch meine Brust verlief. Meine persönliche Erkenntnis jedoch war schließlich die schmerzlichste: Die Ereignisse, die mir als Kind widerfuhren, waren nicht irgendeine „exotische Geschichte“, sondern sie haben zu verborgenen, seelischen Verwundungen geführt. In meinen Filmen und Illustrationen sind diese Narben immer sichtbar gewesen. Es geht um Tod, Geburt und Unfälle. Und um Einsamkeit und das Gefühl von totaler Minderwertigkeit. Aber weder meine Mitmenschen, noch ich selbst haben dies wahrgenommen. Nachdem mir im Jahr 2006 mein ehemaliger Professor an der HFF München, Professor Längsfeld, durch seine Dozententätigkeit in Lahore eine Reise nach Pakistan ermöglichte, entstand zufällig gedrehtes Material. Ich habe jene Menschen und Orte, die im Tagebuch meiner Adoptivmutter beschrieben werden, mit einem Kameramann gesucht. In Interviews (u.a. mit meinen zweiten Adoptiveltern, mit der vom Bambi bis zum Bundesverdienstkreuz dekorierten Ärztin Dr. Ruth Pfau, mit Stammesangehörigen, mit Benediktinermönchen bei Hamburg, etc.) und mit den eindrücklichen Tagebuch-Aufzeichnungen meiner ersten Adoptivmutter als Wegweiser, verdichtet sich diese Suche.
Hierbei vermischen sich die heutigen (noch zu drehenden) Szenen mit dem Archivmaterial, in dem die Suche nach dem Hergang der Ereignisse irgendwann fast zu einem Krimi wird. Wie bei einem Third-Person-Shooter folgt mir die Kamera durch die staubigen Straßen Pakistans und den hornissenhaften Riksha-Lärm, was dazu führt, dass der Zuschauer das Gefühl bekommt, live dabei zu sein. Wir treffen unterschiedlichste Menschen und kriegen ein eindrückliches, lebendiges Bild der Menschen dieses Landes, das in unserer westlichen Wahrnehmung, eine Brutstätte des Terrors und des Chaos ist. Auf einer weiteren Ebene werden die schicksalhaften Ereignisse in Pakistan und auch der Unfall mit Illustrationen animiert, die in ihrem holzschnittartig-expressionistischen Stil an ‚Persepolis‘ erinnern. Als wir schließlich jenen Arzt finden, der nach anfänglichem Zögern zugibt, dass er mein Lebensretter war, stoßen wir jedoch auf eine schier unüberwindliche Hürde.
Nun – im Jahr 2021 – schließt sich der Kreis und ich möchte meine Spurensuche und meine Reise nach innen vollenden – und zu einem Film formen. Dafür ist es notwendig, die Animationsebene und die zentrale Ebene, von der aus der Film erzählt wird, zu konzipieren und vorzubereiten