Beim 6. NRW-Dokutag, den die Film- und Medienstiftung NRW am 4. Mai 2022 in Köln ausrichtete, diskutierten Vertreter von drei Dokumentarfilm-Weltvertrieben über ihre Strategien und die Perspektiven, die sich aus den neuen Entwicklungen im Markt ergeben.
Im Gespräch mit Moderatorin Brigid O’Shea (DAE) bestätigte Heino Deckert, Gründer von Deckert Distribution, dass die Nachfrage nach Dokumentation aufgrund des Programmbedarfs von neuen Plattformen wie Netflix deutlich gestiegen sei. Der Markt habe sich geöffnet und es seien enorme finanzielle Mittel vorhanden. Es gehe auch für die Weltvertriebe darum, diese Chance zu nutzen.
Deutlich wurde in der Gesprächsrunde auch, dass Festivals mittlerweile eine überaus wichtige Rolle bei der internationalen Auswertung von Dokumentarfilmen spielen. Wouter Jansen, Gründer von Square Eyes, hat mit von ihm vertriebenen Filmen schon zahlreiche Erfolge auf renommierten Festivals wie Cannes, Berlin oder Locarno gefeiert. In einigen Ländern seien Festivals die einzige Möglichkeit, ein nennenswertes Publikum zu erreichen, berichtete er bei der Diskussion. Bei regulären Kinoauswertungen werde hier eine deutlich geringere Zuschauerzahl verzeichnet.
Früher seien Festival-Teilnahmen vor allem wegen der attraktiven Reiseziele und der Kommunikation mit dem Publikum interessant gewesen, kommentierte Stefan Kloos, Gründer von Rise and Shine World Sales. Heute hingegen seien sie gerade für Dokumentationen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Viele der von ihm vertriebenen Filme hätten durch Festival-Screenings mehr Geld eingespielt als durch TV-Verkäufe. Auch Heino Deckert, dessen „Land des Honigs“ 2019 auf zahlreichen Festivals ausgezeichnet wurde, hob die Bedeutung einer durchdachten Strategie in diesem Bereich hervor. Es sei wichtig, sich im Vorfeld zu überlegen, welcher Film gut zu welchem Festival passen könnte und welcher Zeitpunkt für einen Festival-Einsatz am besten geeignet sei.