Sein dritter Film „Lola rennt“ wurde der erfolgreichste deutsche Spielfilm der Kinosaison 1998/99 und eine Sensation, weil er formal innovativ in einem Experiment dieselbe Ausgangssituation drei Mal variiert: Lola muss in Berlin in zwanzig Minuten 100 000 Mark für Freund Manni auftreiben. Hauptdarstellerin Franka Potente wurde als Lola zum Star, der Film mit mehreren Bundesfilmpreisen (darunter das „Filmband in Gold“) ausgezeichnet und international beachtet.
Regisseur Tom Tykwer, 1965 in Wuppertal geboren, drehte seit 1976 Super-8-Filme, arbeitete in Programmkinos, zog nach Berlin und wurde 1988 Leiter des Off-Kinos Moviemento in Kreuzberg. Er arbeitete als Drehbuchlektor, stellte TV-Porträts von Regisseuren her und drehte Kurzfilme. Sein Spielfilmdebüt „Die tödliche Maria“ (1993, mit Nina Petri und Joachim Król) bestach bereits durch Tykwers Formwillen, erzählte ein beklemmendes Psychodrama um eine Hausfrau, die zur Mörderin wird, und wurde mit dem „Preis der deutschen Filmkritik“ ausgezeichnet. Tykwer gründete mit den Regisseuren Dani Levy und Wolfgang Becker sowie dem Produzenten Stefan Arndt die Firma X-Filme Creative Pool und schrieb mit Becker das Drehbuch zur Berliner Großstadtballade „Das Leben ist eine Baustelle“ (1996, mit Jürgen Vogel und Christine Paul), deren Titel zum Sprichwort wurde.
1997 entstand „Winterschläfer“, Tykwers zweiter Spielfilm, in dem vier junge Leute um die 30 und ein älterer Bauer durch einen Unfall miteinander in Beziehung gebracht werden. Tykwers Breitwandkamera („Filmband in Gold“ für Frank Griebe) und innovative Szenenübergänge sowie das Spiel mit filmischen Zeichen bestätigten Tykwers Können, das mit „Lola rennt“, der komplett am Storyboard vorbereitet wurde, vom Publikum trotz der experimentellen Techniken akzeptiert wurde. In Wuppertal und mit Potente, zu dieser Zeit Tykwers Lebensgefährtin, entstand 1999 der sanfte Liebesfilm „Der Krieger und die Kaiserin“, in dem Potente als Krankenschwester während eines Unfalls von einem Unbekannten (Benno Führmann) gerettet wird und nach ihrer Genesung den Retter sucht. Gegen alle Widerstände des traumatisierten und einen Bankraub vorbereitenden Mannes findet sie ihn und erlöst ihn in der Liebe. Die Kleistsche Dimension des Stoffes der unbedingten Liebe führte Tykwer formal in die verlangsamte Zeitwahrnehmung der „Winterschläfer“ zurück und erneut auf eine innovative Erzählebene.
Nach einem hinterlassenen Drehbuch des polnischen Regisseurs Krzysztof Kieslowski drehte Tykwer 2000 mit „Heaven“ seinen ersten englischsprachigen Film: Die im Unterschied zu Tykwers vorherigen Filmen direkt und verknappt erzählte Geschichte um eine Bombenlegerin (Cate Blanchett) und einen Polizisten (Giovanni Ribisi), der ihr zur Flucht verhilft, dreht sich erneut um die Macht der Liebe sowie die Frage nach Schuld und Sühne und bietet eine Art Essenz von Tykwers bisherigem Schaffen. Mit Natalie Portman entstand der Kurzfilm „True“ als Beitrag für den Kompilationsfilm „Paris, je t’aime“.